The Scent Of Snow – YUKIKA

NY 2003, video installation

The TALE OF GENJI is a novel written by lady MURASAKI SHIKIBU in the 10th century describing the court life of Heian JAPAN. It depicts the life and times of the beautiful prince Genji, who devotes himself to nothing but pleasure. At some point very bored he discovers a ten year old stunningly beautiful girl, with thick and lustrous black hair. Driven by desire he steals her and brings her to his premises in the royal court. There he educates her to become a ‘perfect woman’…

I met YUKIKA KUDO (her name in translation is „the scent of snow“) at the CHELSEA HOTEL NYC in 1994. The very first day i did an interview with her in her room, which is the basis to the video from 2003. That year i went to NYC again, reconstructed the room of the Chelsea by means of a drawn set and made a paper wig resembling Yukika’s hair. I asked three women (Austrian, American, Japanese) to put on the wig, slip into Yukika’s role, sit down in the same positon as Yukika in the drawn Chelsea room and quote what she had said back then.

In a show at Vienna’s Charim Galerie the video of Yukika in the real Chelsea and the video of the replica Yukikas in the drawn Chelsea room were then juxtaposed –  so that the replica Yukikas would answer the original in a time warp.

THE SCENT OF SNOW is an INSTALLATION for art galleries. It consists of drawn two-dimensional sets, five movies and a wig that was made out of paper and graphite for the protagonists.

16 minx2  / 3 minx2, dual screen
New York / Vienna 1994/2003
texts by Yukika Kudo
actors Elisabeth Gottfried, Yuka Miyanagi, Valerie Shields
camera, set design Edgar Honetschläger
editor Thomas Woschitz
line producer Yoshiji Nishimoto
organizer Kazuko Miyamoto
first shown at Charim Gallery Vienna

DER GERUCH DES SCHNEES

Im 11. Jahrhundert schrieb die japanische Hofdame Murasaki Shikibu den Roman GENJI MONOGATARI (die Geschichte des Prinzen Genji). Sie beschreibt darin das Leben eines jungen Prinzen, der sich nur um sein eigenes und das Wohl aller Hofdamen kümmert, die er beglücken kann. An einem bestimmten Punkt seines Genusslebens stiehlt er ein junges Mädchen und lässt sie zur idealen Frau erziehen, da keine andere Frau seinen Ansprüchen genügen will. 

Diesen Roman interpretiert Edgar Honetschläger als Teil verallgemeinerbarer Erfahrungen und wählt ihn zum Ausgangspunkt für seine Ausstellung in der Charim Galerie. Der Titel „Der Geruch des Schnees“ dient ihm dabei als poetische Metapher, die zunächst an die Schneeluft denken lässt, mit der sich der Winter nach nebelnassen Novembertagen ankündigt. Er ist aber auch der Name einer jungen Japanerin, Yukika, die Edgar Honetschläger Mitte der 90er Jahre in New York kennen lernte. Von dieser ersten Begegnung in einem Zimmer des  Chelsea Hotels NY existiert ein Video und in den folgenden Jahren wurde Yukika  zu einer der Hauptdarstellerinnen in allen seinen Filmen. 

An dieser Geschichte, die auch die Geschichte einer Liebe ist, scheint kaum etwas Ungewöhnliches zu sein, sieht man von der poetisierenden Kraft der Liebe ab, die in zahlreichen E-Mails ihr zeitgemäßes Medium gefunden hat, und denen in der Ausstellung eine wesentliche Rolle zukommt. Nichts Ungewöhnliches, wie gesagt, wären da nicht Honetschlägers Filmschaffen und das Kino. Im konkreten Fall der Ausstellung vergegenwärtigt Edgar Honetschläger mit den Mitteln des Films eine vergangene Szene, die erste Begegnung mit Yukika im Chelsea Hotel NY. Auch dies wäre kaum ungewöhnlich, wäre da nicht die Kunst.

Im Bereich der bildenden Kunst hat sich ein eigenes Genre herausgebildet, das unmittelbar auf den Film als Material und das Filmische als konzeptuellen Hintergrund aufbaut. Das Kino wird dabei vielfach als Apparat inszeniert, in dem Projektion, Bildwirkung, imaginärer und realer Raum, als einzelne Teile erfahrbar werden sollen. Edgar Honetschläger beschreitet in seiner künstlerischen Arbeit einen anderen Weg indem er das „Szenische“ des Films und die Inszenierung in den Vordergrund rückt. Die Ausstellung selbst lässt sich deshalb auch als verräumlichter Film deuten, in der die BesucherInnen eine „Szene“ als Ort jenes Geschehens betreten, das mit den Quellen der filmschaffenden Imaginationen Honetschlägers verbunden ist.

Die Geschichte des Prinzen Genji fügt eine weitere Dimension, die der Inszenierung, hinzu. Nicht nur die in Szene gesetzte und re – inszenierte Vergangenheit, auch die Tätigkeit des Regisseurs gerät dadurch ins Blickfeld. Seine Arbeit wird als gestaltender Prozess sichtbar, der bis in die kleinsten Gesten der Mimik und das Aussehen der Darstellerinnen hineinreicht. Die bildhaften Leitmotive der Filme von Edgar Honetschläger sind deshalb ebenfalls ausgestellt. Es handelt sich dabei durchwegs um Portraits von Yukika, die in verschiedenen Rollen zu sehen ist. So etwa in einem Doppelportrait, das an ihre erotische Präsenz als Verführerin und den Charme eines scheuen Schulmädchens denken lässt (Milk, 1997). 

Die Zeitlinie aus der Vergangenheit in die Gegenwart führt durch alle diese Frauen-Bilder hindurch, um schließlich in eine kritische Selbstbefragung zu münden. Edgar Honetschläger inszeniert auch diese als „Film“ in dem er existentielle Erfahrungen als Reflexionsanreiz  über das Medium Film/Kino nutzt. Seine künstlerische Arbeit wird dadurch zum Darstellungsfeld des Filmischen, der Reflexion über das  Kino mit den Mitteln der Kunst.  
KURT KLADLER

press/review